Hans-Werner Wahl und Anna Schlomann: Ältere Menschen in der COVID-19-Krise: Zwischen Trauma und Adaptation

Ältere Menschen sind in besonderer Weise von der Corona-Pandemie betroffen. So trugen Pflegeheimbewohner*innen am stärksten zur Gesamtmortalität in der ersten Phase der Corona-Krise bei. Aber auch ältere Menschen in Privathaushalten sind auf unterschiedliche Weise betroffen. Beispielsweise wurden durch die Einstufung als „Risikogruppe“ allein aufgrund des Alters negative Altersstereotype und ein defizitorientiertes Bild des Alterns verstärkt. Zudem waren viele vorher selbstverständliche Aktivitäten, vor allem der Kontakt zu Verwandten und Freunden, plötzlich nicht mehr möglich.

Hans-Werner Wahl fragt, ob dies alles auch Älteren in Privathaushalten geschadet hat, oder ob gerade die Älteren mit ihrer Lebenserfahrung besonders gut gewappnet sind, die Corona-Erfahrungen „wegzustecken“? Dafür vergleicht er die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Zufriedenheit mit sozialen Kontakten sowie auf die allgemeine Lebenszufriedenheit von Personen im mittleren und höheren Alter.

Hans-Werner Wahl ist Seniorprofessor für Psychologie und einer der Direktoren des Netzwerks Alternsforschung an der Universität Heidelberg. Sein besonderes Forschungsinteresse gilt der Lebensspannen- und Alterspsychologie. Den Vortrag hat er zusammen mit Anna Schlomann erarbeitet, die als Postdoktorandin und u.a. zum Thema Digitalisierung im Kontext von alternden Bevölkerungen forscht.

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Sandra Leumann

Alexander Bogner: Zwischen Virologie und Verschwörungstheorie: Expertise in der Coronakrise

Am 7. Oktober 2020 hielt Alexander Bogner einen Vortrag mit dem Titel: „Zwischen Virologie und Verschwörungstheorie: Expertise in der Coronakrise“. Grundthese ist, dass in der Wissensgesellschaft viele Konflikte als Auseinandersetzungen um das richtige Wissen ausgetragen getragen werden. In diesen Wissenskonflikten, so Bogner, unterstütze der Primat der Wissenschaft eine Politik der Alternativlosigkeit. Politischer Protest artikuliere sich daher oft als anti-rationalistisches Ressentiment. Alternative Fakten stehen alternativloser Politik gegenüber.

Alexander Bogner ist Dozent für Soziologie an der Universität Wien und Senior Scientist an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Er ist derzeit Vorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie.

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Jan Wetzel

Michaela Kreyenfeld und Sabine Zinn: Väterliches Engagement in der Coronakrise

Der Ausbruch der Corona-Pandemie hat das Leben von Familien maßgeblich beeinflusst. Während des ‚Lockdowns‘ im Frühjahr 2020 wurden Schulen, Kindergärten und Spielplätze geschlossen. Auf die Betreuung durch Großeltern konnten Mütter und Väter während dieser Zeit ebenso wenig zurückgreifen wie auf die Betreuung durch Babysitter oder andere ‚haushaltsfremde‘ Personen.  Vor dem Hintergrund der ohnehin sehr traditionellen Strukturen in Deutschland wurde erwartet, dass die Corona-Krise einer Re-Traditionalisierung der familialen Verhaltensweisen Vorschub leisten könnte.

In ihrem Beitrag schließen Michaela Kreyenfeld und Sabine Zinn sich an diese Debatte an, in dem sie untersuchen, wie sich die Zeit, die Mütter und Väter mit ihren Kindern verbringen, im Zuge des Lockdowns verändert hat. Als Datenbasis dienen das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) aus dem Jahr 2019 sowie die Zusatzbefragung SOEP-Cov, die 2020 im Feld war.

Michaela Kreyenfeld ist Professorin für Soziologie an der Hertie School. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Familiendemographie, Lebenslaufanalyse, Sozialpolitik und Migration. Sabine Zinn leitet den Bereich Surveymethodik und -management am Sozio-oekonomischen Panel.

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Joshua Perleberg

Armin Nassehi: Was heißt es, auf die Wissenschaft zu hören?

Am 30. September ist die „zweite Staffel“ des Kolloquiums gestartet. Den Auftakt bildete ein Vortrag von Armin Nassehi. In seinem Impuls reflektierte er die Veränderungen, die die Krise sowohl für den innerwissenschaftlichen Diskurs, als auch im Kontakt der Wissenschaft mit der Öffentlichkeit mit sich bringt. Sein Vortrag trägt den Titel: „Was heißt es, auf die Wissenschaft zu hören? Friktionen zwischen Wissenschaft und ihrem Publikum während der Covid-Krise“.

Armin Nassehi ist Professor für Allgemeine Soziologie und Gesellschaftstheorie an der LMU München und organisiert das Kolloquium mit.

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Jan Wetzel

Jutta Allmendinger und Jan Wetzel: Vertrauen und Kontrolle in der Corona-Krise

Gesellschaftliches Zusammenleben ist auf Vertrauensbeziehungen angewiesen. Ob Politik, Medien oder auch nur die eigenen Nachbarn: Man kann andere niemals vollständig kontrollieren, braucht also Vertrauen. Gleichzeitig kann Vertrauen nur schenken, wer ein Mindestmaß an Kontrolle über sich und seine Umwelt hat. Die Coronakrise ist in diesem Sinne auch eine Vertrauenskrise. Sie hinterfragt Selbstverständlichkeiten des Alltags, bringt Kontrollverlust mit sich, und damit auch Anlässe zum Misstrauen.

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Ellen von den Driesch

Michaela Pfadenhauer: Corona-Pandemie – Expertokratie oder Aufwind für die Profession?

In Ihrem Vortrag betrachtet Michaela Pfadenhauer die Folgen der Coronakrise aus Sicht einer Professionssoziologin. Die Befürchtung einer Expertokratie ist eine Begleiterscheinung nicht erst der Corona-Pandemie, sondern eine Sorge, die seit den 1960er Jahren im Hinblick insbesondere auf die Medizin zu hören ist und nicht nur als Bevormundung der Politik, sondern auch als Entmündigung der Laien thematisiert wird. Wenn aber Politik und Bürger entmachtet werden, um wessen Herrschaft geht es gegenwärtig gegebenenfalls: um die Ermächtigung der wissenschaftlichen Disziplin Virologie, die der verbeamteten Forscher des Robert-Koch-Instituts oder der medizinischen Profession? Gegenüber deren generellem Niedergang scheint zumindest diese eine Profession im Aufwind zu sein, wenn zur Eindämmung der Corona-Pandemie das Gesundheitssystem allen anderen Teilsystemen übergeordnet wird, weil es „um Leben und Tod“ geht.

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Jan Wetzel

Alena Buyx: SolPan – Erste Erfahrungen aus einer multinationalen qualitativen Studie zur Solidarität und anderen Werten zur Zeiten des Lockdowns in der Corona-Krise

Welche Motive und die ihnen zugrundeliegenden Werte bewegen Menschen dazu, sich solidarisch in der Corona-Krise zu verhalten? Diese Frage kann nicht ausschließlich mit quantitativen Surveys, wie sie derzeit in größerem Umfang stattfinden, beantwortet werden. Für ein tieferes Verständnis des menschlichen Verhaltens und Entscheidungsprozesses in der Zeit der Corona-Pandemie sind qualitative Datenerhebungen und Analysen unerlässlich und dennoch weiterhin rar.

In ihrem Vortrag stellt Alena Buyx eine multinationale Studie des SolPan-Konsortiums vor. In dieser werden aus einer qualitativen Perspektive in neun verschiedenen Staaten die Beweggründe zum solidarischen Handeln anhand von Interviews untersucht. Der Vortrag lieferte Einblicke in die Forschungspraxis unter hohem Zeitdruck und in die Methodologie der Studie.

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Melinda Erdmann

Birgit Leyendecker: Familie, Schulen, Bildungsschere – gibt es auch Chancen trotz oder wegen der Corona-Pandemie?

Die Delegation von außerfamiliärer Bildung und Betreuung an die Familien birgt vielfältiges negatives Potenzial. Alle Familien sind davon betroffen, abhängig von ihren Ressourcen und den jeweiligen Herausforderungen jedoch in sehr unterschiedlichem Maße. Die Verschärfung von Ungleichheit durch die Coronapandemie zeigt sich hier sehr deutlich.

Die Heterogenität in den Schulklassen wird im Hinblick auf den Wissensstand nach den Sommerferien sehr viel größer sein als vorher. Obwohl dies weitgehend bekannt ist, starren wir seit März auf die Pandemiezahlen und vergessen, dass wir auch handeln können statt tatenlos, aber perfekt abzuwarten. Ziel des Beitrags von Birgit Leyendecker ist es zu diskutieren, was wir aus der Coronakrise lernen können warum es gerade jetzt wichtig ist, zu handeln.

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Joshua Perleberg

Steffen Mau: Die Coronapandemie aus der Perspektive der Grenzforschung

Die Schließung der Grenzen im Zuge der Coronapandemie gilt vielen als Umkehrung des Globalisierungstrends. In seinem Vortrag argumentiert Steffen Mau, dass die Grenzpolitik der Coronakrise zwar eine Zäsur darstellt, aber schon länger laufende Trends des Bordering akzentuiert. Die Schließung von Grenzen und die Mobilitätsabwehr sind keine neuen Phänomene, sondern sie haben die Globalisierung lange begleitet. Dazu gehören Immobilisierung, Risikopolitik und digitale Kontrolle. Auch die „pandemische Grenze“ ist historisch gesehen nicht neu. Nun aber trifft sie auch diejenigen, die lange von der Freizügigkeit und Prozessen der Entgrenzung profitiert haben.

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Ellen von den Driesch

Sighard Neckel: Covid-19 – Lehrstück für Klimawandel und Nachhaltigkeit?

In der Öffentlichkeit werden gegenwärtig zahlreiche Vergleiche gezogen zwischen der Corona-Pandemie und dem Klimawandel. Covid-19 und der drohende Klimakollaps gelten gleichermaßen als Auslöser einer Zeitenwende. Sighard Neckel geht in seinem Vortrag daher folgenden Fragen nach: Gibt es Strukturähnlichkeiten zwischen dem weltweiten Infektionsgeschehen und der globalen Erwärmung und worin genau liegen sie begründet? Welche bezeichnenden Unterschiede weisen Pandemie und Klimakrise andererseits aber auf? Und ließen sich aus einem Vergleich beider Krisenprozesse Schlussfolgerungen für die Entwicklungspfade ziehen, die eine Gesellschaft der Nachhaltigkeit einschlagen könnte?

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Melinda Erdmann