Soziologische Perspektiven auf die Corona-Krise – coronasoziologie.blog.wzb.eu

Transkript: Dominique Klein: Wenig erwarten, wenig fordern?! Ziele von Schulen an sozial benachteiligten Standorten während des Distanzlernens im Frühjahr 2020

ACHTUNG: Das Transkript wird automatisch durch wit.ai erstellt und aus zeitlichen Gründen NICHT korrigiert. Fehler bitten wir deshalb zu entschuldigen.


Sandra Leumann
Und damit herzlich willkommen zur neuen Ausgabe unseres Podcasts, zu soziologischen Perspektiven auf die Kohonakrise. Mein Name ist Sandra Neumann.
Ich bin wissenschaftliche Mitarbeiterin am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und organisiere das digitale Cologium mit.
Am siebten April zweitausendeinundzwanzig hielt Dominique Klein ein Vortrag mit dem Titel wenig erwarten, wenig fordern, Ziele von Schulen an sozial benachteiligten Standorten während des Distanzlerns im Frühjahr zwanzig zwanzig.
Auf der Grundlage einer Befragung österreichischer Schulleitungen sprach sie über die Rolle von Schulen und Bildungsverwaltungen im Rahmen des Distanzunterrichts.
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass geringe Erwartungen an die Schülerschaft auch eine Reduktion der Anforderung während des Distanzlerns zur Folge hatten.
Der Beitrag diskutiert, wie eine solche Praxis, Bildungsungleichheiten weiter verschärfen kann.
Dominik Klein ist Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Schulentwicklungsforschung an der Philips Universität Marburg.
Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören unter anderem die Schulentwicklung und Schulsteuerung im internationalen Vergleich.
Und nun viel Spaß mit dem Vortrag von Dominique Klein.
Dominique Klein
Ja, ganz herzlichen Dank, äh guten Morgen auch nochmal von meiner Seite. Sie haben mich ja jetzt schon äh vorgestellt, das heißt, das muss ich gar nicht mehr machen. Ähm, sie sehen aber natürlich, dass auf diesen Folien ähm noch andere Namen stehen ähm und äh ich werde zwar den Vortrag alleine halten, aber
Aber das Projekt, äh, aus dem ich berichte, ähm, beziehungsweise auch die Ideen, auf denen dieses Projekt Fuß, äh, die sind tatsächlich eine Kooperationsleistung
von mir und den drei anderen Personen, die da draufstehen, das ist einmal Livia Jesacher Rösler von der Universität Innsbruck
Nina Brem von der PH Zürich und Kathrin Racherbäumer von der Universität Siegen.
Und im Zentrum unseres Vortrages steht, das hat Frau Leumann ja gerade schon gesagt, äh, ein Thema, das im Kontext von Coved neunzehn natürlich ganz besonders äh prominent und öffentlichkeitswirksam diskutiert wird, nämlich die Frage, welche Auswirkungen die Pandemie
und die damit verbundenen Schulschließungen beziehungsweise der Distanzunterricht letztlich für Fragen der Bildungsgerechtigkeit hatte beziehungsweise immer noch hat, denn so richtig raus sind wir da ja tatsächlich noch lange nicht
Und wenn man sich den Diskurs um Chancengerechtigkeit äh im äh Kontext von Covet neunzehn ansieht, dann fällt da
auf, dass äh in der Regel eine bestimmte Annahme zugrunde gelegt wird, nämlich dass eben die Bildungsgerechtigkeit deswegen gefährdet sei, weil das Lernen der Schüler in im Distanzunterricht ganz besonders davon abhängt, dass sie von ihren Eltern ähm gefördert werden können und dass sie Zugang zu digitalen Medien haben und dass eben diese beiden Aspekte.
Ähm in bestimmten Herkunftsmilieus nicht ähm so stark ausgeprägt werden, äh wie das äh nötig wäre, um das im Distanzunterricht
gut zu bewältigen. Das heißt, ähm, sowohl im öffentlichen Diskurs als auch im bildungswissenschaftlichen Diskurs ähm haben wir eine Fokussierung auf die Ressourcen beziehungsweise auf den vermuteten äh angenommenen Mangel an Ressourcen, an schulrelevanten Ressourcen auf Seiten.
Der Schüler in und ihrer Familien. Ähm, was dagegen eigentlich so gut wie gar nicht diskutiert wird ist eben die Frage, welche Rolle eigentlich die einzelnen Schulen beziehungsweise auch die Bildungsverwaltung, also die Schulaufsicht
Die Bildungspolitik auch der Schulträger mit Blick auf Chancengerechtigkeit ähm
eigentlich trägt, ähm dass wir da eigentlich fast ausschließlich auf Ausstattungsfragen äh reduziert, aber es
findet eigentlich kaum eine Verhandlung darüber statt, wie die äh Kubik neunzehn Pandemie und die damit verbundenen Schulschließungen und eben auch deren Auswirkungen auf das äh Lernen der Schüler in ähm geframt wird durch Schulen und auch durch die Bildungs äh Verwaltung und welche Handlungspraxen das dann
nach sich zieht, äh gerade dann auch an Schulen, in denen ähm sehr viele Schülerinnen aus benachteiligten Herkunftsmilieus beschult werden.
Dieses Phänomen, das also vor allem auf die Schülerinnen und deren ähm Ressourcen fokussiert wird, das äh kann man im Prinzip mit einem Konstrukt erklären
Engel aus dem englischsprachigen Raum als Deficit, Thinking Can, äh, im deutschsprachigen Raum als Defizitorientierung und dieser Diskurs, dieser defizitorientierte Diskurs geht im Prinzip davon aus,
dass Bildungsdisparitäten dadurch entstehen, dass Schüler innen aus benachteiligten Herkunftsmilies.
Milieus, bestimmte Internalle, Defizite oder Mängel haben, ähm die eben dazu führen, dass sie weniger erfolgreich in der Bildung sind. Also beispielsweise mangelnde sprachliche Fähigkeiten, Verhaltensprobleme, eine geringere Lern- und Leistungsmotivation, teilweise auch ähm Rekurs auf geringere kognitive Fähigkeiten
Und das Wichtige ist jetzt, dass die Ursache für diese
Defizite oder Mängel in der Regel in der kulturellen sozialen Herkunft der Schüler in äh beziehungsweise heutzutage vor allem in der familiären Sozialisation verortet wird
und damit natürlich in einem Bereich liegt, auf den Lehrkräfte vergleichsweise wenig Zugriff haben, ähm was dann häufig dazu führt, dass äh eben zum einen auf der einen Seite die Wirkung der familiären Herkunft der Schüler in deutlich überschätzt wird und gleichzeitig eben der Einfluss, den
Die Schule, das Bildungssystem auf den Bildungserfolg von Schüler entnehmen kann, beziehungsweise auch die Rolle von strukturellen Hürden im Schulsystem für Schülerinnen aus bestimmten Herkunftsmilieus deutlich unterschätzt wird.
Und diese Defizitorientierung sind eben etwas, was nicht nur einfach individuelle Überzeugungen einzelner Lehrkräfte sind, sondern die Perspektive
eben die Schülerinnen und deren Familien ursächlich für Bildungsdisparitäten sind, ist auch eine Facette der Schulkultur, so nennen wir das in der Schulforschung, also sozusagen der äh Deutungs und Bewertungsmuster, ähm die wir
sowohl auf der Systemebene des Schulsystems finden ähm als auch teilweise innerhalb.
Von der innerhalb der narrative innerhalb von Schulen
die einen sehr hohen Anteil an Schülerinnen aus benachteiligten Herkunftsmilieus beschulen und im Kontext von Kobit neunzehn finden wir dann natürlich wieder genau das gleiche Narrativ, das eben Schülerinnen und deren Familien nicht genug schulrelevante Ressourcen haben
oder für die Schule nicht erreichbar sind ähm und wir das eigentlich auch sofort
ja, hinnehmen und glauben, wenn Schulen sagen, wir erreichen unsere Schülerinnen nicht mehr und wenig bis gar nicht darüber gesprochen wird, wie eigentlich ähm die Erwartungen sind, die durch die Schule, beziehungsweise auch die Bildungspolitik an diese Schülerinnen gestellt wird, ähm wie.
Auf dieser Basis dann eben Handlungspraxen ausgestaltet sind ähm und inwiefern dadurch gegebenenfalls Bildungsungleichheiten zusätzlich verstärkt werden oder vielleicht sogar teilweise auch erst erzeugt werden.
Und an dieser Stelle setzt jetzt ähm unsere Studie an, das Forschungsprojekt, aus dem wir heute berichten
hatte jetzt primär erstmal keinen Fokus auf Schulen an sozialräumlich benachteiligten Standorten, sondern es ging uns tatsächlich darum, in der Breite zu erfassen, wie eigentlich Schulleitung, die Herausforderungen, äh, vor allem der Schulschließungen im äh.
Im zweiten Halbjahr des Schuljahres zwanzig neunzehn zwanzig, also die ersten Schulschließungen, den ersten Distanzunterricht wahrgenommen haben, beziehungsweise welche Strategien sie auch genutzt haben, um diesen
Distanzunterricht zu bewältigen und in dem Zusammenhang haben wir eine Befragung konzipiert, die wir
in Nordrhein-Westfalen, in Zürich statt und in allen österreichischen Bundesländern durchgeführt haben. Das was ich Ihnen heute vorstelle, das sind jetzt nur die Daten aus der österreichischen Stichprobe
Dort haben wir eine standardisierte Onlinebefragung durchgeführt im Juni und Juli zwanzig zwanzig, also am letzten Ende des letzten Schuljahres, nachdem die erste Schulschließung oder der erste Distanzunterricht schon beendet war und an dieser Befragung haben sich insgesamt fünfhundertzweiunddreißig Schulleitungen von öffentlichen Schulen
beteiligt, ähm!
Und da ist eben die gesamte Bandbreite von Schulen aus sehr privilegierten äh ein sehr relevierten Standorten, an ländlichen städtischen Standorten und so weiter. So, das ist eine bunt durchmischte Stichprobe ist
eingeschränkt muss man hier allerdings sagen, dass es äh eben sich aufgrund unseres Erhebungsdesigns
um eine Konvenience Stichprobe handelt, sodass die Ergebnisse eben nicht repräsentativ sind, weil wir aber so ungefähr vergleichbare Ergebnisse auch in den anderen Stichproben finden, ähm
Würde ich sagen, es ist zumindest schon mal eine erste Annäherung an die Frage, welche Rolle eigentlich die Schule bei der Reproduktion von Bildungs äh.
Ungerechtigkeiten spielen kann im Kontext von Kobet neunzehn.
In dem heutigen Vortrag möchte ich vor allem auf einen Punkt fokussieren und zwar auf die Frage, inwiefern die Schulleitungen im Distanzunterricht eben die Erwartung hatten, dass sie ähm die fachlichen Anforderungen senken mussten im Bistanzunterricht
und welche verschiedenen Aspekte des schulischen Kontextes auf diese Einschätzung tatsächlich auch einen Einfluss hatten. Das heißt, wir haben eine Skala.
Entwickelt aus sechs ITMs in denen wir im Prinzip eben dieses Konstrukt ab
gefragt haben, dass eben Anforderungen nicht aufrechterhalten werden konnten im Distanzunterricht, ähm weil eben entweder
man davon ausgegangen ist, dass die Schülerinnen sehr belastet sind, weil man ihnen nicht zugetraut hat, selbst zu lernen, alleine zu lernen, eigenständig oder eben auch davon ausgegangen ist, dass die häusliche Unterstützung die Wohnverhältnisse so äh schwierig sind, dass die Schülerinnen nicht lernen können.
Ich hab hier zwei Beispiele mal mitgebracht, also zum Beispiel die aktuelle Situation ist für unsere Schüler in
so belastend, dass für unsere fachlichen Ansprüche herunterschrauben, um sie nicht noch zusätzlich zu belasten. Und um dann eben zu prüfen, inwiefern ähm diese.
Einschätzung äh durch verschiedene Merkmale ähm
des schulischen Kontextes beeinflusst ähm wird, haben wir äh Regressionsanalysen durchgeführt und da verschiedene Merkmale oder Prediktoren mit einbezogen, von denen wir eben davon ausgegangen sind auf Basis.
Der bisherigen Schulentwicklungsforschung und der Ergebnisse früherer Forschungsprojekte, dass sie eben einen Einfluss darauf haben könnten, wie die Schulleitung den Distanzunterricht wahrgenommen haben. Was umfasste zum einen äh demografische Merkmale der Schulen und auch der Schulleitung, allen voran natürlich
Der von den Schulleitungen selbst eingeschätzte Anteil an Schülerinnen aus sozioökonomisch benachteiligten Herkunftsmilieus und Schülerinnen aus
mit einer anderen Familiensprache als Deutsch, dann haben wir ja zusätzlich dazu auch noch die Schulformen, Schulgröße, Gender der Schulleitung und auch deren Leitungserfahrungen mit aufgenommen.
Wir haben als zweites äh die Schulleitung dazu befragt, wie sie mit der Herausforderung eben plötzlich Distanzunterricht
machen zu müssen, umgegangen sind, das heißt inwiefern sie also beispielsweise schulweite Regelungen
getroffen haben, Fortbildungsmaßnahmen äh eingerichtet hatten. Die Kooperation sich erhöht hat, wie sie sich über den Distanzunterricht auch informiert haben, ähm weil wir eben davon ausgegangen sind, dass ein solches strategisches Vorgehen ähm
mit einer positiveren Erwartungshaltung, mit Blick auf das, was im Distanzunterricht leistbar ist, ähm, gekoppelt sein würde
Und zu guter Letzt haben wir eben noch die Überzeugungen der Schulleitung erhoben, das heißt, wir haben zum einen
die wahrgenommene Innovationsbereitschaft des Kollegens im Distanzunterricht erhoben. Ähm, wir wissen aus der Schulentwicklungsforschung, dass eben diese kollektive Innovationsbereitschaft des Kollegens, also die Frage, inwiefern sind die Lehrkräfte
einer Schule dazu bereit und in der Lage ihren eigenen Unterricht tatsächlich auch zu reflektieren
und dann auch dementsprechend zu verändern und anzutassen. Wir wissen, dass eben diese Innovationsbereitschaft.
Ein sehr sehr starker Prädikor dafür ist, ähm was überhaupt äh in solchen ähm Situationen, wo ist man sich eben verändern muss, ähm, möglich ist
Wir haben zweitens eine Skala eingesetzt, in der wir erhoben haben, wie ausgeprägt die Defizitorientierung der Schulleitungen gegenüber den eigenen Schülerinnen ist, wie sehr also die Schulleitung davon ausgehen, äh dass die eigenen Schüler aufgrund ihrer ähm sozialen, ethnischen Herkunft
Defizite haben, die von der Schule kompensiert werden müssen oder gegebenenfalls vielleicht gar nicht kompensiert werden können.
Und dann haben wir noch eine Skala mit aufgenommen, in der wir die Schulleitung äh dazu gefragt haben, um wie fern sie die Verantwortung im Distanzunterricht eher bei den Lehrkräften oder eher bei den
Eltern sehen. Ähm.
Und dann haben wir zwei verschiedene Modelle gerechnet. Ähm, in dem ersten Modell haben wir erstmal nur diese ersten beiden Kategorien mit aufgenommen, also die demographischen Merkmale und die organisationalen Strategien
in der Abbildung, die sie jetzt hoffentlich sehen
sehen Sie eben dieses erste Modell ohne die Überzeugung der Schulleitung und angezeigt werden hier jetzt auch nur
diejenigen Protektoren beziehungsweise die Regressionskureffizienten standardisierten Regenerationskoalitionen bei denen auch tatsächlich ein signifikanter Zusammenhang mit der Erwartung der Schulleitung
Anforderungen im Distanzunterricht senken zu müssen, beobachten, beobachtet werden konnte.
Und wir sehen hier eben, dass die Erwartung der Schulleitung zum einen mit dem Anteil an Schülerinnen auch sozioökonomisch benachteiligten Milieus und
mit äh dem Anteil aus äh Schüler in äh von Schülerinnen aus mit einer anderen Familiensprache als Deutsch zusammenhängt. Ähm für beide Variablen gilt eben, dass je höher der Anteil an Schülerinnen aus diesen Gruppen war, desto eher glaubten die Schulleitungen eben auch Anforderungen im Distanzunterricht senken zu müssen. Wir sehen auch, dass der
der Anteil an Schülerinnen mit einer anderen Familiensprache als Deutschen deutlich stärkerer Prediktor für diese Erwartung ist als
dass der der Anteil an Schülerinnen auch soziökonomisch benachteiligten Milieus also da auch nochmal einen Unterschied darin, welche Schülergruppen jetzt tatsächlich
ähm da eine besondere Rolle spielen.
Von den anderen Merkmalen hatten nur die Unterscheidung zwischen Volks und Nicht-Volksschulen und die Summe Schulweiter Fortbildung für die Lehrkräfte einen kleinen Effekt ähm.
Und die anderen Variablen waren nicht so relevant.
In dem zweiten Modell, was äh sie jetzt auf den Folien sehen, haben wir dann die Überzeugung der Schulleitung zum
zu der Innovationsbereitschaft des Kollegens ihre Defizitorientierung gegenüber den eigenen Schülerinnen und ihre Wahrnehmung, bei wem jetzt tatsächlich die Verantwortung mit Distanzunterricht
liegt mit ins Modell genommen. Diese Attribute von Verantwortung hatte keinen Einfluss, ist hier also nicht abgebildet. Was sie allerdings sehen, ist eben, dass zum einen
je geringer die Schulleitung eben die äh Innovationsbereitschaftskollegiums wahrgenommen hat, desto mehr hatten sie eben auch ähm die Erwartungen, die Anforderungen im Distanzunterricht senken zu müssen und wir sehen eben auch, äh, dass je mehr die Schulleitungen defizitorientierte Perspektiven auf die eigenen Schülerinnen hatten, ähm dass sie dann auch eben stärker
äh die Erwartungen hatten Anforderungen im Tanzunterricht senken zu müssen
und interessant ist jetzt hier außerdem noch, wenn sie nach oben schauen, dass in diesem Modell also der Anteil an Schülerinnen aus sozialökonomisch benachteiligten Herkunftsminis keinen Signifikanten Einfluss mehr hat und auch der Zusammenhang mit dem Anteil an Schülerinnen mit einer anderen Familiensprache als Deutsch
deutlich kleineren Einfluss auf die Erwartung der Schulleiterung
Schulleitungen, die Anforderungen senken zu müssen, hat, sodass wir eben ähm hier im Prinzip davon ausgehen können, dass äh die diese Erwartung
beziehungsweise der Zusammenhang zwischen den.
Den Herkunftsmerkmalen der Schülerinnen und diesen Erwartungen durch ein nicht ganz unerheblichen Teil dadurch erklärt wird
dass die Schulleitung an Schulen mit einem hohen Anteil an Schülern aus benachteiligten Herkunftsmilus eben zum einen die Innovationsbereitschaft des eigenen Kollegiums geringer wahrgenommen haben und zum anderen auch eine stärker defizitorientierte Perspektive auf die Schülerinnen hatten.
Das heißt, wir haben insgesamt im Kontext von Cobit neunzehn eigentlich ein eher ja einseitigen Diskurs und Bildungsgerechtigkeit bei dem
vor allem eben oder fast ausschließlich eigentlich auf die Schülerinnen und deren Defizite geblickt wird ähm
und was das letztlich aus der äh den Erwartungen im Bildungssystem macht, äh, an diese Schülerinnen, beziehungsweise aus der Handlungspraxis, an Schulen.
Das wird eigentlich kaum diskutiert. Unsere Daten zeigen jetzt aber, dass eben diese Erwartungen schulische Akteure bei uns die Schulleitung an das, was im Distanzunterricht möglich ist nicht ganz unerheblichem Maße ähm auch dadurch beeinflusst wird
Schulleitungen selbst, ihre Schüler in ähm und auch ihr eigenes Kollegium sehen
und gerade eben auch die Innovationsbereitschaft des Kollegiums eine Rolle spielt und unsere Analysen zeigen jetzt zusätzlich, dass eben diese Innovationsbereitschaft, das habe ich äh nicht berichtet, aber ähm
das sehen wir in anderen Analysen auch, dass diese Innovationsbereitschaft halt abnimmt, je höher der Anteil an Schülerinnen aus benachteiligten Herkunftsmilieus. Es ist ein kleiner Effekt, aber er ist da
Wir können jetzt mit unseren Daten natürlich nichts darüber sagen inwiefern diese unterschiedlichen Erwartungen jetzt tatsächlich auch.
Konkrete Handlungspraxis der Schulen im Distanzunterricht beeinflusst haben, aber wir wissen aus anderen Forschungskontexten, dass eben die Leistungserwartungen von Lehrkräften, von Schulen äh durchaus Einfluss hat auf die Handlungspraxis und auch
durchaus äh einen nicht unerheblichen Einfluss hat ähm auf die tatsächliche Lern- und Leistungsentwicklung der Schülerin, sodass wir vor diesem Hintergrund ähm glaube ich mit Blick auf unsere
befunde auch viel stärker darüber diskutieren müssten, inwiefern.
Es im Kontext von neunzehn tatsächlich zu einer doppelten Benachteiligung im Distanz
Unterricht gekommen ist oder immer noch kommt, nämlich zum einen dadurch, dass die äh Schüler in wahrscheinlich ähm geringere Ressourcen ähm haben, die in unserem institutionalisierten Bildungssystem
wichtig sind und zum anderen dadurch, dass sie eben dann auch noch Schuh zusätzlich auf ein Schulsystem
stoßen, indem sie als ähm häufig als weniger leistungsfähig geframt werden
und äh äh man ihn eben auch mit ja durchaus vorausallenden teilweise Leistungserwartungen entgegentritt, die dann vermutlich, wie gesagt, das können wir nicht sagen, aber es liegt ähm liegt zumindest nahe, die dann vermutlich eben auch eine äh die Handlungspraxis der Schulen beeinflussen und dann dazu führen, dass die Schülerinnen eben
doppelt benachteiligt werden in Distanz oder nicht.
Ich möchte zum Abschluss noch ganz kurz darauf hinweisen, dass aus unserer Sicht es wichtig ist, dass die Ergebnisse ähm unserer Forschung jetzt nicht dazu führen,
dass nicht zu Schuldzuweisung gegenüber Schulen oder einzelnen Lehrkräften führen, sondern dass eigentlich.
Viel mehr die Ergebnisse deutlich machen, dass wir auf systemischer Ebene darüber nachdenken müssen wie wir den Blick auf Schülerinnen aus benachteiligten Herkunftsmilieus
verändern können und welche Unterstützungsleistungen eigentlich Schulen benötigen, damit sie besser in der Lage sind, ähm Schülerinnen aus benachteiligten Herkunftsmilieus zu fördern und zu unterstützen ähm und ähm dass das eigentlich die eigentliche Entwicklungsaufgabe ist, die ähm hinter diesen
befunden steckt. Damit bedanke ich mich zunächst einmal für ihre Aufmerksamkeit und ich glaube, wir freuen uns jetzt alle auf ihre Kommentare und Fragen.
Sandra Leumann
Ja vielen Dank für diese spannenden Einblicke. Ich würde gerne ähm
Einigen Fragen zu ihren Ergebnissen der multiplen Regressionsanalyse äh beginnen. Eins ist eine Verständnisfrage, was meinen sie mit dem Einfluss von Volksschulleitungen? Vielleicht müssten sie das einordnen, weil das ist ja im österreichischen Kontext.
Dominique Klein
Genau, also die Volksschule ist in Österreich, die ähm Grundschule, äh Klasse eins bis vier
und der sie hier erhoben haben ist im Prinzip der Unterschied zwischen Volksschulleitungen und nicht Volksschulleitungen, das heißt in unseren Ergebnissen zeigt sich eben das Volksschulleitungen ähm
signifikant geringerem Maße die Erwartung hatten im Kontext des Dinstanzunterrichts, die Anforderungen senken zu müssen ähm als äh Schulleitung, die eben an.
Wir haben weiterführenden Schulen ähm also
oder auch allgemein höheren Schulen, Gymnasien, Berufsschulen tätig gewesen sind. Ähm, ist allerdings auch nur ein kleiner Zusammenhang mit Punkt eins drei.
Sandra Leumann
Im Chat kam auch die Frage, ob sie auf Multikoloniarität getestet haben, weil die einzelnen Variablen scheinen ja doch eine gewisse Ähnlichkeit zu haben und auch ein wenig miteinander zu interagieren. Was können sie dazu sagen.
Dominique Klein
Mhm. Ja, haben wir getestet. Ähm es ist jetzt nichts äh großartig auffällig gewesen.
Sandra Leumann
Und wir haben ja gerade schon mal äh angesprochen, es ist im österreichischen Kontext angesprochen, wenn ich sie richtig verstanden habe, gi
das auch äh Daten aus der Schweiz und aus Deutschland, ähm wo waren denn da die Gemeinsamkeiten und Unterschiede, wenn sie da vielleicht kurz was zu sagen könnten?
Dominique Klein
Dazu muss man einschränken sagen, dass unsere Stichprobe in NRW, deswegen haben wir die jetzt auch nicht berichtet. Ähm
leider sehr klein ausgefallen ist ähm und äh wir da also relativ wenig ähm dazu sagen können äh in der Schweiz ist tatsächlich die Schuh äh Stichprobe.
Nochmal ganz anders, also es ist ja eine Erhebung gewesen in Zürich Stadt, also nicht im gesamten Kanton Zürich, sondern nur in Zürich Stadt und ich glaube, wenn ich das richtig sehe
oder richtig erinnere ähm
war das auch eine fast Vollerhebung, aber da könnte die Kollegin Nina Brem vielleicht auch äh nochmal was zu sagen, wenn sie möchte, ähm damit ich da nicht irgendwas falsches.
Sehr gerne
Ja, ähm, das schließt eigentlich an an die Frage, die hier auch im Chat steht, also in der Schweiz hatten wir die Situation, dass die Studie in ein.
Also äh in in ein Projekt des Schulamtes äh der Stadt Zürich eingebunden war und ähm äh da war's leider nicht möglich, alle
Skalen auch mitlaufen zu lassen und von daher können wir die Analysen in der Schweiz nicht eins zu eins reproduzieren. Wir sehen aber die gleichen
die die gleichen Tendenzen, also wir sehen auch in benachteiligten Schulen stärkeres Absenken des Leistungsanspruches. Wir konnten leider die Defizitorientierung nicht erheben. Das heißt also diese die Kontrolle im Bezug auf die Defizitorientierung konnten wir in der Schweiz nicht machen. Ähm was aber interessant ist, weil die Frage auch im Chat stand, ähm ob
wir Ministerien beispielsweise informieren von den Ergebnissen. In der Schweiz war es so, dadurch dass es Studie war, die vom Schulamt finanziert wurde.
Und auch begleitet wurde
ähm sind wir in die Situation gekommen, dass das ein Ergebnis war, was politisch nicht unbedingt gerne äh publiziert werden sollte und die Daten ähm also wirklich auch ein halbes Jahr, ne, als eigentlich ein Jahr, ähm quasi äh.
Geblockt wurde und wir können im Endeffekt erst jetzt publizieren damit. Das heißt also das ist schon eine Perspektive ähm auf das Bildungssystem selber, die politisch auch nicht unbedingt gewünscht ist.
Sandra Leumann
Und wie sieht es mit den Schulleitungen und Lehrkräften selbst aus? Konnten sie denen die Ergebnisse zurückspiegeln? Und wenn ja, wie wurde das aufgenommen.
Nina Bremm
Jahr konnten wir, also wir haben, also jetzt in der Schweiz meinen sie oder in Deutschland.
Sandra Leumann
Österreich gerne auch, also.
Nina Bremm
Ein Satz kurz zur Schweiz, in der Schweiz konnten wir das machen, also es gab eine große Konferenz aller Schulleiten in ähm im Kanton äh in in der Stadt Zürich. Und äh die haben die ähm.
Rückmeldungen zurückgespielt bekommen. Zusätzlich hat jede Schule eine einzel schulische Auswertung bekommen und auch auf der Schulkreisebene sind Auswertungen gemacht worden, das heißt, da ist informiert worden
die Schulleitenden fanden das interessant. Ähm die Frage ist, wie das politisch jetzt weiter aufgenommen wird und ob das tatsächlich zu Entwicklungen führt, die tatsächlich äh auch nochmal den Blick auf Bedarfe der Entwicklung.
In Bezug auf Schulen und das Bildungssystem ähm triggern oder ob das Narrativ, was wir medial äh absolut dominant haben von.
Einseitiger benachteiligen oder einseitiger Erklärung. Sicherlich ist das eine immer eine beidseitige Erklärung und also sowohl die Ressourcen in den Familien aus, als auch die Praktiken in den Schulen spielen da eine Rolle. Aber die Frage ist, ob das politisch überhaupt angegangen wird, also ob
ob das aufgegriffen wird im Moment sehe ich's für die Schweiz im Moment, also gerade einfach nicht.
Sandra Leumann
Ich würde gern nochmal auf die Defizitorientierung zu sprechen kommen. Äh inwiefern können sie zeigen oder nachvollziehen, wie sich diese Defizitorientierung im Laufe der Pandemie.
Verändert hat, weil ich könnte mir vorstellen, dass Defizitorientierung kein exklusives Phänomen der Pandemie ist.
Dominique Klein
Wir haben also im im Kontext der Pandemie können wir es jetzt tatsächlich nicht längst schnittlich irgendwie nachvollziehen, weil wir diese Erhebung nicht wiederholt haben, sondern nur an diesem einen Punkt durchgeführt haben und das sind ja jetzt auch erstmal nur äh die Defizitorientierung der Schulleitungen und äh inwiefern die Lehrkräfte in diesen Schulen diese teilen oder nicht, können wir jetzt
Basis unserer ähm Daten auch noch gar nicht sagen. Ähm was wir aus anderen Forschungsprojekten
sagen können ähm da wir uns alle auch schon länger mit Schulen an sozialamtisch benachteiligten Standorten beschäftigen ist
dass unser Eindruck und das da muss man jetzt vorsichtig sein in der Formulierung, weil auch da äh noch noch bisher keine längschnittlichen Daten ähm äh
vorliegen, ähm aber dass das tatsächlich eben nichts
ist was durch die Pandemie ähm vor hervorgerufen wurde oder vielleicht inwiefern das verstärkt wird, konnten wir wie gesagt nicht sagen, aber dass eben diese Defizitorientierung natürlich auch vor der ähm vor der
vor dem Beginn der Pandemie an Schulen, die eben einen sehr hohen Anteil an Schülerinnen äh aus benachteiligten Herkunftsmilieus beschulen, durchaus ähm.
Vorhanden sind und ähm sich das sowohl in diesen quantitativen Analysen zeigt, ähm über verschiedene äh
Forschungsprojekte über verschiedene Stichproben hinweg als auch in qualitativen Studien, die ähm vor allem auch die äh Kolleginnen äh Nina Brenn und Kathrin Raracher Bäumer durchgeführt haben, wo man das eben auch nochmal mit rekonstrustruktiven Methoden nachzeichnen kann, dass eben ähm
häufig solche Defizitorientierung auf die Schülerinnen da sind und die natürlich auch ähm nicht so einfach.
Zu lösen sind, sondern ähm durchaus auch sehr stabil sein können.
Nina Bremm
Einsatz vielleicht noch dazu, was mich interessant fand, ist, dass sich also die ländespezifischen Unterschiede mit Blick auf was, welche Kategorie
als defizitär geframpt wird, ähm, sich ganz klar gezeigt haben, also in Österreich beispielsweise ist die Defizitorientierung vor allen Dingen mit Blick auf Schülerinnen und Schüler nicht Deutscher erst
äh Herkunftssprache äh nachzuzeichnen. Ähm und das ist auch das Bild, was medial und auch durch Bildungsverwaltung, Bildungs
Politik ganz klar gepusht wird in Österreich, während das in der Schweiz beispielsweise kaum eine Rolle spielt, also als traditionell mehrsprachiges Land ist dort stärker die Perspektive, auch soziale Benachteiligung
bei den
Personen zu finden ist und bei den Schulleitungen zu finden ist und auch da spiegelt sich der öffentliche und mediale Diskurs ganz klar in den Wahrnehmungen und ich glaube da in dem Zusammenspiel muss man noch viel genauer hinschauen, ähm wenn man tatsächlich gesellschaft
dich was an solchen benachteiligenden Defizitperspektiven ähm drehen will.
Sandra Leumann
Äh das ist ein gutes Stichwort
was denken sie, was braucht es denn, um dieser Defizitorientierung begegnen zu können? Und ich würde gern noch die andere Frage aus dem Chat mit aufnehmen, die hier gestellt wurde, die ja ran anschließt oder auch drüber hinaus geht, ähm wie wird man denn in.
Österreich und der Schweiz mit Lernlücken umgehen, also durch Nachhilfe für bestimmte Gruppen oder durch freiwillige Sitzen bleiben, so wie es hier eben auch in Deutschland äh diskutiert wird. Oder hat man dort andere Antworten auf
dieses Problem.
Dominique Klein
Ja, Mina magst du da auch noch mal was zu sagen? Weil du hast ja tatsächlich äh auch in dieser Bearbeitung schon gearbeitet. Mhm.
Nina Bremm
Ähm äh bezogen auf die auf auf Perspektiven, wo man ansetzen sollte. Äh da kann ich vielleicht ein bisschen was zu sagen. Ich glaube, das ist unheimlich wichtig, ähm.
Generell ein Bildungssystem nochmal so zu überdenken, ähm! Das ist so, dass dass wir so denken können, dass ähm! Die.
Kompetenzen in Mathe, Deutsche und Englisch nicht das Einzige sind, was relevant sind für für die Bildung von von Menschen und
ja für auch für unsere Gesellschaften und auch für zukünftige Gesellschaften, als relevant. Das heißt also da ein Stück weit den Druck.
Bezug auf die Leistungsmessen, Messung in Kernkompetenzen und auch die Verengung auf den Blick von Fähigkeit ähm konstruierten Fähigkeiten.
In Bezug auf Lernfähigkeit, aber auch Lernerfolg noch ein bisschen zu weiten. Also wir sehen halt erfolgreiche Schulen in benachteiligten Lagen, auch jetzt während der Pentmanie. Dominik Kleine und ich, wir sind auch in der Jury des deutschen Schulpreises und das sind Schulen, die wirklich sehr, sehr stark darauf gesetzt haben, ihre Schülerinnen und Schüler ganzheitlich zu sehen, auch
äh die Familien nicht zu verlieren, zentral zu sein im Stadtteil, als Stadtteil, als Anlauf, Anlaufsp
Punkt ähm eben nicht ähm andauernd negative Defizitbeschreibungen und ähm Versagenserfahrungen
bei Schülerinnen und Schülern zu produzieren, indem man ein verengtes ähm Lern und Leistungs äh.
Verständnis an den Tag legt und ich glaub da ist es wichtig nochmal drüber nachzudenken und das sind ja auch die Diskussionen die in den USA im Moment ganz intensiv geführt.
Werden, ähm, wie man, wie man Schulen da auch nochmal grundsätzlich anders denken kann, was ich bildungspolitisch sehe, geht in eine völlig andere Richtung, da wird also wirklich in diesem Nachhilfekonstrukten ja jetzt gedacht, der Topf ist irgendwie da. Es wird sicherlich auch für einzelne Schülerinnen und Schüler hilfreich sein
um wirklich wo basale ähm Literc ähm äh Fähigkeiten ähm jetzt wirklich auch in bestimmten Jahrgängen.
Nicht ausgebildet werden konnten, um da Unterstützung zu liefern, aber es wird sicherlich nichts an grundlegenden Ungleichheitsverstärkenden
Dimensionen im Bildungssystem und in Schulen ändern, wenn wir jetzt nur versuchen einzelne Jahrgänge in Kernkompetenzen, in in einzelnen.
Oder Dimensionen wieder auf den Stand zu bringen. Also ich glaub wenn man dann kommen wir in die Situation, dass wir die gleichen Benachteiligungen, die wir seit.
Hundert Jahren im Bildungssystem oder seit ewig im Bildungssystem
und die wir seit Pisa seit vor zwanzig Jahren sehr, sehr genau diagnostizieren können. Ähm, ganz sicherlich nicht systematisch angehen und verändern werden, aber ich sehe politisch den Willen, ehrlich.
So im Moment.
Sandra Leumann
Bin Dominik Klein in unserem digitalen Kologium am siebten April zweitausendeinundzwanzig gehalten hat. Wir hoffen, sie konnten ein paar Anregungen mitnehmen. Wenn sie mögen, kann abonnieren und teilen sie doch gerne den Podcast. Außerdem freuen wir uns über eine posit.
Oder dem Portal ihrer Wahl. Auf Twitter sind wir erreichbar unter at Corona Sotz.